Kirschfruchtfliege: Erkennen, verstehen und wirksam bekämpfen
Wenn Kirschen Wurmstichig werden
Stellen Sie sich vor: Es ist Juni, die Kirschbäume hängen voll mit saftigen, prallen Früchten. Sie greifen erwartungsvoll zu – und entdecken beim ersten Biss eine kleine weiße Made. Was viele Gartenbesitzer zur Verzweiflung bringt, hat einen Namen: die Kirschfruchtfliege.
Dieses unscheinbare Insekt verursacht jedes Jahr immense Schäden im Obstbau und ist einer der Hauptgründe für Maden in den Kirschen. Aber was genau steckt hinter diesem Schädling, wie erkennt man ihn und – vor allem – wie kann man die Kirschfruchtfliege bekämpfen?
In diesem umfassenden Ratgeber erfahren Sie alles über das Aussehen, die Lebensweise, die Bekämpfung der Kirschfruchtfliege, sowie effektive Hausmittel gegen Kirschfruchtfliegen.
Bei der Bekämpfung und Vorbeugung liegt unser Fokus klar auf biologischen und mechanisch-präventiven Maßnahmen, denn diese sind im Haus- und Kleingarten die erste Wahl – und in den meisten Fällen auch die einzig zulässige.
Erkennung: Wie sieht die Kirschfruchtfliege aus?
Die Kirschfruchtfliege (Rhagoletis cerasi) gehört zur Familie der Bohrfliegen (Tephritidae) und wird häufig mit anderen Fruchtfliegen verwechselt. Doch es gibt klare Unterschiede:
Merkmale der Kirschfruchtfliege
- Größe: ca. 4-5 mm groß.
- Farbe: glänzend schwarzer Körper.
- Augen: auffällig grünlich schimmernd.
- Flügel: charakteristisch mit einem dunklen Querband.
- Auffälligkeit: Trapezförmiges, gelbes Rückenschild.
Unterschied zur „normalen“ Fruchtfliege in der Küche
Die bekannte Küchen-Fruchtfliege (Drosophila melanogaster) kommt an überreifen, gärenden Lebensmitteln vor. Nicht an Früchten, die noch am Baum hängen. Sie ist mit einer Körperlänge von 2–4 mm wesentlich kleiner und gelb-braun gefärbt. Ihre Flügel haben kein markantes Querband und sind transparent.
Abgrenzung zur Walnussfruchtfliege
Auch mit der Walnussfruchtfliege (Rhagoletis completa) wird die Kirschfruchtfliege gelegentlich verwechselt. Die Walnussfruchtfliege ist jedoch größer (4-8 mm), befällt Walnüsse statt Kirschen und hat ein anderes Flügelmuster.
Lebensraum und Auftreten der Kirschfruchtfliege
Kirschfruchtfliegen überwintern als Puppe im Boden unter der Baumkrone. Der Schlupf der Fliegen beginnt – witterungsabhängig – meist Mitte Mai bis Ende Juni. Warme Temperaturen begünstigen dabei ihre Entwicklung. Nach einer kurzen Reifungszeit beginnen die Weibchen mit der Eiablage in gelb werdende Kirschen.
Die Larven entwickeln sich ca. 3 Wochen in der Frucht, verlassen diese dann und verpuppen sich im Boden. Ein Teil der Puppen „überliegt“ und schlüpft erst in späteren Jahren, ähnlich der Diapause von einigen Lebensmittelmotten.
Woran erkennen Sie einen Befall?
- Kleine Einstichstellen an den Kirschen, meist nahe des Stiels.
- Früchte werden weich und faulen vorzeitig.
- Beim Aufschneiden der Kirschen finden Sie weiße, beinlose Maden (Larven) im Fruchtfleisch. Meist in Kernnähe.
Schadwirkung: Warum die Kirschfruchtfliege so problematisch ist
Die eigentliche Schädigung erfolgt nicht durch die Kirschfruchtfliege selbst, sondern durch ihre Larven. Die Weibchen legen ihre Eier in nahezu reife Kirschen. Daraus schlüpfen die gefürchteten Maden in den Kirschen, die das Fruchtfleisch von innen zersetzen.

Auswirkungen eines Befalls mit Kirschfruchtfliegen
1. Wirtschaftlich:
Ohne Gegenmaßnahmen kann der Befall bis zu 100 % erreichen. Der Handel toleriert praktisch keinen Befall. Deshalb werden Ernten mit sichtbaren Maden in den Kirschen oft komplett abgelehnt. Im Hausgarten ist es „nur“ ärgerlich – im Erwerbsanbau kann die Art ganze Chargen entwerten.
2. Gesundheitlich:
Kirschen mit Maden sind unangenehm, aber in der Regel nicht gesundheitsschädlich. Wer sicher gehen will, kann die Früchte entsteinen und die Maden durch ein Salzwasserbad (kurze Zeit in leicht gesalzenem Wasser) austreiben.
3. Ästhetisch:
Wurmstichige Kirschen sind im Handel nicht verkaufbar.
Kirschfruchtfliege bekämpfen: So werden Sie die Plage los
Eine Biologische Bekämpfung der Kirschfruchtfliege ist im Haus- und Kleingarten der chemischen immer vorzuziehen – und meist die einzige rechtlich zulässige Option. Denn in Privatgärten sind gegen diese Schädlinge keine Insektizide zugelassen.
Biologische Methoden sind darüber hinaus umweltfreundlich und schonen Nützlinge wie Schlupfwespen, sowie Ihre eigene Gesundheit. Dabei gehen Sie am besten wie folgt vor:
1. Timing & Monitoring
Gelbtafeln (Leimtafeln) ab Mai in die obere, südliche Kronenzone hängen. Das hilft beim Monitoring (Wann fliegen die ersten Kirschfruchtfliegen?) und kann bei vielen Fallen pro Baum den Befall etwas reduzieren.
Aber verlassen Sie sich nicht allein darauf. Denn Insektenfallen dienen nicht zur Bekämpfung, sondern zur Überwachung. Sie helfen, den Beginn der Flugzeit zu bestimmen und Maßnahmen (z. B. Netze) rechtzeitig einzuleiten.
- Praxis-Tipp: 2–10 Tafeln je nach Baumgröße aufhängen. Lockstoff-Varianten mit Pheromonen erhöhen die Anziehung.

2. Mechanische Barrieren am Baum
Legen Sie geeignete Netze über kleinkronige Bäume oder Teilkronen, sobald die Früchte gelb werden. Achten Sie auf feine Maschen und einen lückenlosen Abschluss (auch unten).
Vogelschutznetze sind zu grob, nutzen Sie besser feinmaschige Insektenschutznetze. Die Netze sollten eine maximale Maschenweite von 1,3 mm haben, um das Eindringen der Schädlinge effektiv zu verhindern.
Auch eine Bodenabdeckung (z.B. Vlies oder Folie) hat sich bewährt. Legen Sie die Abdeckung unter der Kronentraufe ab Ende Mai bis zur Ernte aus. Sie hindert Larven am Einbohren in den Boden und die adulten Kirschfruchtfliegen am Schlupf. Achten Sie darauf, die Bodenabdeckung regelmäßig zu kontrollieren und gegebenenfalls zu reinigen.
3. Hühner als „Bodenjäger“ gegen Kirschfruchtfliegen
Wer kann, lässt Hühner unter dem Baum laufen. Sie fressen herunterfallende Larven und scharren Puppen aus dem Boden – eine erstaunlich effiziente, natürliche Methode. So wird die Population effektiv und nachhaltig bekämpft. Diese Methode eignet sich besonders für große Gärten, oder auch Streuobstwiesen.
4. Hygienemaßnahmen regelmäßig durchführen
Sammeln Sie heruntergefallene Früchte am besten täglich auf und entsorgen Sie diese anschließend. Dabei sollten die heruntergefallenen Kirschen nicht kompostiert werden. Entsorgen Sie sie im Restmüll oder geben Sie sie in einen dichten Sack und lassen diesen mehrere Tage in der Sonne „solarisieren“.
5. Chemische Bekämpfungsmaßnahmen
Wie bereits erwähnt, sind chemische Mittel in privaten Gärten nur eingeschränkt oder gar nicht mehr erlaubt. In Foren und Blogs werden trotz alledem häufig Mospilan SG und Kalkstickstoff gegen Kirschfruchtfliegen angepriesen.
Mospilan SG gegen Kirschfruchtfliege:
- Der Wirkstoff Acetamiprid ist nicht für den Haus- und Kleingarten zugelassen. Außerdem ist die Anwendung streng begrenzt – es gibt nur wenige, klar definierte Anwendungsgründe. Problematisch zu betrachten sind auch die schädigende Wirkung auf Nützlinge, sowie eventuelle Rückstände in den Früchten. Nutzen Sie keine Profi-Produkte im Privatgarten.
Kirschfruchtfliegen mit Kalkstickstoff bekämpfen:
- Kalkstickstoff (Calciumcyanamid) wird online oft gegen die Kirschfruchtfliege (Rhagoletis cerasi) empfohlen. Für seine Wirkung gibt es allerdings keine belastbaren Nachweise und abgesehen davon, ist er als Insektengift nicht zugelassen. Zulässig ist nur die Anwendung als Dünger gemäß Etikett. Wir raten ausdrücklich von einer Nutzung „gegen Maden in Kirschen“ ab. Verwenden Sie stattdessen zugelassene, biologische Verfahren und Maßnahmen.
- Hinweis: Biologische Methoden sind grundsätzlich vorzuziehen. Chemische Maßnahmen sollten immer nur als letztes Mittel in Betracht gezogen werden – wenn überhaupt zulässig.
Vorbeugung der Kirschfruchtfliege – nachhaltig gedacht
Wie bei allen Schädlingen, ist auch bei der Kirschfruchtfliege eine sorgfältige Vorbeugung der wirksamste Schutz.
- Sortenwahl: Früh reifende Süßkirschen, die eine Ernte vor dem Hauptflug ermöglichen, werden seltener befallen, da die Früchte zum Eiablage-Zeitpunkt bereits rot und unattraktiv sind.
- Hygiene einhalten: Sammeln Sie Fallobst regelmäßig ein und entsorgen Sie es nicht auf dem Kompost. Nutzen Sie die zuvor beschriebenen Bodenabdeckungen und, wenn möglich, Hühner gegen die Larven und Puppen der Kirschfruchtfliege.
- Monitoring: Hängen Sie geeignete Fallen frühzeitig auf, um zu ermitteln, ob und wann Kirschfruchtfliegen vorhanden sind.
- Bodenpflege: Mulchen Sie den Boden, um vorhandene Puppen zu vernichten oder zumindest für natürliche Feinde wie Vögel freizulegen.
Häufig gestellte Fragen zur Kirschfruchtfliege
Warum sind in gekauften Kirschen keine Würmer?
Gekaufte Kirschen stammen meist aus intensiv bewirtschafteten Anlagen mit professionellen Schutzmaßnahmen wie Insektizidbehandlungen, Netzen und konsequenter Überwachung. Ganze Chargen können bei einem Befall abgelehnt werden, deshalb sortiert man streng aus.
Wie kommen Maden in die Kirschen?
Die Kirschfruchtfliege legt ihre Eier in fast reife Kirschen. Die daraus schlüpfenden Larven fressen das Fruchtfleisch von innen auf.
Kann man die Maden der Kirschfruchtfliege mitessen?
Ja, die Maden sind für den Menschen gesundheitlich unbedenklich, aber unappetitlich. Wer mag, kann die Früchte entsteinen und die Larven mit Salzwasser austreiben.
Wie bekommt man die Maden aus den Kirschen?
Durch das Einlegen der Kirschen in Salzwasser (2 EL Salz auf 1 Liter Wasser) für 30 Minuten, kriechen die Maden heraus. Am besten die Kirschen vorher entsteinen.
Was ist der Unterschied zu Fruchtfliegen in der Küche?
Fruchtfliegen in der Küche leben nicht an Bäumen, sondern befallen überreifes oder faulendes Obst. Sie sind kleiner und haben keine Flügelzeichnung.
Wann fliegt die Kirschfruchtfliege?
Ab Ende Mai bis Anfang Juli, abhängig von Temperatur und Kirschsorte.
Wann legen Kirschfruchtfliegen ihre Eier ab?
Kurz nach dem Farbumschlag der Kirschen (Beginn der Gelbfärbung), meist ab Mitte Juni. Das ist ungefähr 7-10 Tage nach dem Schlupf der erwachsenen Exemplare aus dem Boden.
Wann schlüpft die Kirschfruchtfliege?
Erwachsene Exemplare schlüpfen, je nach Witterung, ab Mitte Mai aus dem Boden. Die Larven der Kirschfruchtfliege hingegen schlüpfen etwa 10 Tage nach der Eiablage und entwickeln sich im Fruchtfleisch.
Wann kommen Kirschfruchtfliegen aus dem Boden?
Im Mai/Juni, je nach Witterung. Dann beginnt die Paarungs- und Eiablagezeit. Manche Puppen überliegen allerdings auch mehrere Jahre.
Was kann man gegen diese Schädlinge tun?
Biologische Methoden wie Hühnerhaltung unter dem Baum, Netze und Fallen ermöglichen einen effektiven Schutz vor Kirschfruchtfliegen. Auch eine geeignete Bodenpflege und Hühnerhaltung helfen.
Wann sollte man die Kirschfruchtfliege bekämpfen?
Vor dem Schlüpfen der Fliegen: also bereits ab April/Mai mit einer geeigneten Bodenbehandlung (Mulchen / Bodenabdeckungen). Ab Mai Fallen und ab Juni Netze einsetzen. Hygienische Maßnahmen, wie das Aufsammeln von Fallobst, oder auch der Einsatz von Hühnern sollten das ganze Jahr über durchgeführt werden.
Wann sollten Gelbtafeln gegen Kirschfruchtfliegen eingesetzt werden?
Spätestens ab Ende Mai bis Anfang Juli – täglich kontrollieren und ggf. ersetzen.
Welche natürlichen Feinde haben Kirschfruchtfliegen?
Bodenlebewesen wie Käferlarven, parasitische Wespenarten wie Pteromalus spp. und Vögel.
Welche Nematoden wirken gegen die Kirschfruchtfliege?
Oftmals werden Nematoden der Art Steinernema feltiae als vielversprechend gegen Puppen und Larven der Kirschfruchtfliegen im Boden angepriesen. Unserer Erfahrung nach, wirken Nematoden allerdings nicht gegen diese Schädlinge.
Fazit: Eine frühzeitige Bekämpfung der Kirschfruchtfliege ist der Schlüssel zu einer guten Kirschernte
Die Kirschfruchtfliege ist ein ernstzunehmender Schädling, dessen Bekämpfung frühzeitig und ganzheitlich erfolgen sollte. Einfache Hygienemaßnahmen, das Halten von Hühnern unter dem Kirschbaum und weitere biologische Maßnahmen, wie der gezielte Einsatz von Gelbtafeln und Bodenabdeckungen oder auch der Kauf eines passenden Kirschfruchtfliege Netzes bieten langfristigen Schutz – ohne Nebenwirkungen für Mensch, Tier oder Umwelt.
